Volles Programm war angesagt: Die obligatorische Altstadtbesichtigung, Postkarten kaufen, Bötchen (wie zum Teufel schreibt man diese Verniedlichung eigentlich richtig?) fahren, Inseln gucken. Absoluter Höhepunkt (neben der wirklich sehr schönen Altstadt „Gamla Stan“) für mich: Das Vasa-Museum. Und nein! Hier werden nicht die Höhepunkte schwedischer Knäckebrot-Backkunst ausgestellt, sondern der Höhepunkt königlichen Größenwahns. König Gustav II. Adolf kam während des 30jährigen Krieges auf die brilliante Idee, sich ein schickes neues Flaggschiff für seine Flotte bauen zu lassen. Also wurden mal schleunigst 1000 Eichen gefällt und genügend Kanonen gebaut, um dieses eine Schiff mit mehr Feuerkraft auszurüsten als die gesamte polnische Flotte. Da dieser Haufen an Kanonen leider nicht so ganz auf ein Deck passsen wollte, brauchte die Vasa natürlich noch ein zweites Kanonendeck. Unglücklicherweise hat man wohl vergessen, die Proportionen und den Ballast entsprechend zu verändern, was sich als eher ungünstig herausstellte. Denn kaum versuchte das schicke Schiff – bunt bemalt und mit reichlich fiesen, angsteinflößenden Figuren und Fratzen verziert – den Hafen zu verlassen, endete die Jungfernfahrt am 10. August 1628 im Stockholmer Hafenbecken. Und zwar unter Wasser.
Nach 333 Jahren fiel den Stockholmern plötzlich ein, dass sie einstmals ein recht ansehnliches Flaggschiff besaßen, das man so langsam doch mal heben könnte. Und noch mal 20 Jahre später war das gute Stück konserviert und mit einem wunderschönen Museum drumrum versehen der Öffentlichkeit zugänglich. Absolut empfehlenswert, auch wenn einen ansonsten beim Gedanken an die schwedische Allgemein- und Schifffahrtsgeschichte eher weniger freudige Schauer durchlaufen.
Ebenfalls empfehlenswert ist Skansen, das erste Freilichtmuseum der Welt. Hier wurden die 150 schönsten und repräsentativsten Hütten aus ganz Schweden zusammengetragen um so einen Querschnitt durch schwedische Lebensart und Handwerkstradition zu bieten. Und hier kann man endlich mal das tun, was im Urlaub am meisten Spaß macht: Anderen bei der Arbeit zugucken. Und auch meine Befürchtungen, ein halbes Jahr in Schweden zu sein, ohne Elche zu erblicken, haben sich zerschlagen. Dieser entspannte Kollege hier fläzte sich faul vor meiner Kamera rum:
Und am Montag dann: Wohnheimsromantik. Nachdem uns unser heißgeliebtes Navi (beide!) mal wieder fröhlich 1 ½ Stunden lang quer durch die Stadt gescheucht hatten, ohne uns auch nur in die Nähe meines Wohnheimkomplexes zu führen, erblickten wir die studentischen Prunkbauten der 60er Jahre. Um vom ostalgischen Einheitsgrau abzulenken, kam ein findiger Mensch auf die farbenfrohe Idee, die Fensterrahmen gelb und blau zu pinseln. Da mein Zimmer im ersten Stock liegt und recht gut zu finden ist, war alles recht zügig eingeräumt. Nach kurzem Abschied wurde das nötigste eingerichtet und ich versuchte, die Leute auf meinem Flur näher kennen zu lernen. Oh ja, ich war sehr überrascht, hier wohn(t)en ausgesprochen nette Leute. Warum im vorigen Satz dieses „t“ in Klammern steht? Weil ungefähr die Hälfte der netten Menschen, die ich hier kennen lernte, innerhalb der nächsten Tage ihre Sachen packten und auszogen. Aber die verbliebenen und neu dazugezogenen Küchenmitbenutzer sind allesamt äußerst sympathische Zeitgenossen. Und wir haben sogar einen „Guy on the couch“, der in unserem Fall allerdings eher ein „Girl on the couch“ ist, und zwar ein australisches, das – auch aufgrund ihrer hier wohnenden besten Freundin – unseren Flur wohl deutlich wohnlicher findet als ihr eigenes Wohnheim. Diese beiden Austalierinnen verbringen auch einen Großteil ihrer Zeit damit, diverse Studentenpartys und das Stockholmer Nachtleben auf Bierpreise, Musikauswahl und Tanzbarkeit zu überprüfen. Sehr praktische und zudem extrem amüsante Informationsquelle.
Unser Flurschotte hatte leider seinen letzten Abend, als ich ankam, machte aber mit Bierkrug und Kilt auch einen recht sympathischen Eindruck. Außerdem wohnen hier noch einige Deutsche, Asiaten und diverse Europäer.
Insgesamt kann man hier offensichtlich ganz angenehm wohnen, mein Zimmer ist ausreichend groß und mit dem Allernötigsten (Badezimmer, Strom, Internet) ausgestattet, der Rest ließ sich zum Glück recht schnell kostengünstig bei Ikea besorgen. Vor allem der Teppich, der das Zimmer erst so richtig gemütlich macht. Aber macht euch selbst ein Bild... oder Halt! Moment! Das hab ich ja schon für euch gemacht:
Falls übrigens jemand das dringende Bedürfnis verspürt, mich auf gutem, altmodischen Postweg zu erreichen, kann auch diesem Wunsch genüge getan werden. Und zwar vermittels dieser Adresse:
Michael Wietholt
Kungshamra 41 :119
SE – 170 70 Solna
(auf keinen Fall die 119 mit dem Doppelpunkt vergessen, das ist nämlich meine Zimmernummer.)
Und auch auf etwas neumodischerem Weg bin ich zu erreichen, dank meiner schwedischen Handynummer, welche da wäre:
0046 739 567 595
So, und jetzt wird wieder fleißig studiert.
Bleibt mir gewogen!
Med vänliga hälsningar
der Michi








