...und andere seltsame Dinge. Ja, diese Woche geht es um die kleinen Alltäglichkeiten. Alltäglich in Studentenwohnheimen (zumindest hier) ist, dass Leute ein- und ausziehen. In meinem konkreten Fall ist Pedro aus einem der Zimmer hier im Flur ausgezogen, um mit einigen Freunden zusammen in ein Haus mit Swimming Pool zu ziehen. Recht schade eigentlich, schließlich ist er ein höchst geselliger Zeitgenosse, aber nachvollziehbar ist das Ganze schon. Zumal sein Vertrag hier ausgelaufen ist.
Soviel zur Verbesserung seiner Wohnsituation. Die Verbesserung meiner Wohnsituation geht damit allerdings einher. Er hat mir nämlich etwas hinterlassen. Und zwar den besten Freund des Menschen. Nein, keine Sorge, ich muss jetzt weder Hundefutter kaufen noch ständig kleine Plastiktüten für Hinterlassenschaften mit mir rumschleppen. Entgegen weit verbreiteter Annahmen ist der beste Freund des Menschen nämlich nicht der Hund, sondern der Kühlschrank. Und ein solcher ziert jetzt mein Zimmer. Nur für mich alleine! Juchu!
Ein alltägliches Problem ist jedoch das Füllen eben jenes Kühlschrankes. Alter Schwede! Oder wie Obelix sagen würde: „Die spinnen, die Schweden!“. Oder sie verdienen einfach recht gut. Ein Blick auf die Preisschilder in durchschnittlichen schwedischen Supermärkten lässt dem deutschen Kurzzeit-Einwanderer jedenfalls den kalten Angstschweiß den Rücken herunterlaufen. Angst – vor einer Hungersnot. Räumlich zwar auf das eigene Studentenzimmer beschränkt, aber dadurch nicht weniger tragisch.
Rettung naht – wie könnte es anders sein – aus der Heimat. Unter massivem öffentlichen Protest (schwedische Boulevardblätter hetzten auf's Gemeinste!) leisteten die Funktionäre der Lidl-Stiftung Pionierarbeit. Ihre Mission: In Schweden Lebensmittel zu Preisen feilzubieten, bei denen das Monatsbudget nicht schon nach einer Woche aufgebraucht ist. Danke dafür!

Für Genussmenschen, zu denen man mich gerne zählen darf, ist Schweden ein zweischneidiges Schwert. Zum einen sind die Zimtschnecken hier definitiv die besten der Welt und zudem an jeder Ecke erhältlich. Außerdem gibt es hier sowohl Daim als auch Marabou-Schokolade mit Daim. Und außerdem mit unzähligen anderen wundervollen Geschmacksrichtungen. Zum anderen jedoch sollten Freunde hochgeistiger Genüsse besser ein reichlich gefülltes Portemonaie mitbringen. Sonst bleibt der edle Tropfen im Regal der staatlich kontrollierten Alkoholausgabestellen stehen.
Ganz und gar nicht alltäglich ist hingegen die Qualität des hiesigen Studentenorchesters. Potztausend! Ein Studenten- und Showorchester allererster Güte. Und die Show wird bei dieser Truppe groß geschrieben. Kaum einer der Musiker begeistert nicht zwischen oder während den Stücken mit einer akrobatischen, musikalischen oder tänzerischen Sondereinlage. Hier einige Eindrücke:
Diese Band sollte man sich auf ihrer nächsten Deutschlandtour nicht entgehen lassen. Von Rock 'n Roll über Swing und Jazz bis Pop ist fast alles dabei.
Mein Alltag jedenfalls gestaltet sich bisweilen arbeitsreich. Ich habe nämlich quasi das „Schwedisch-Komplettpaket“ gebucht. Schriftliche Fertigkeit, mündliche Fertigkeit, Grammatik und Realia, also in etwa Landes- und Kulturkunde. Hier darf gelesen werden. Und zwar reichlich! Ebenso wie geschrieben und gesprochen. Zu jeder Stunde in „schriftlicher Fertigkeit“ ein Aufsatz, zu fast jeder Stunde in „mündlicher Fertigkeit“ ein Vortrag, zumindest aber Teile eines Romans und andere Hausaufgaben, zu jeder Grammatik-Stunde reichlich Übungen. Mich über mangelnde Beschäftigung zu beschweren, liegt mir also ferner als mein armes Motorrad, das in der heimischen Garage meiner Rückkehr harrt.
Und wenn ich mal nicht gerade mit Bildung beschäftigt bin, widme ich mich meinem neuen „Lieblingshobby“: Waschen! Allerdings fürchte ich, dass aus mir wohl doch kein weiße Wäsche waschen wollendes Waschweib wird. Das liegt nicht alleine daran, dass mich kein einziges weißes Kleidungsstück nach Schweden begleitet hat, sondern auch daran, dass ich sage und schreibe 4 (V-I-E-R) Stunden gebraucht habe, um die Wäsche von knapp 2 Wochen zu waschen. Böse Zungen würden es meiner Unfähigkeit zuschreiben, ich jedoch schildere es folgendermaßen:
Phase 1: Der Gang in den Wäscheraum zur Überprüfung freier Kapazitäten. Ok, Waschmaschinen sind zur Genüge vorhanden.
Phase 2: Zurück ins Zimmer. Wäsche und Waschmittel holen.
Phase 3: Voll beladen auf in den Waschraum. Ok, alles auf 2 Maschinen verteilt. 30 Grad für meine geliebten Shirts scheint den Maschinen hier unbekannt zu sein, also müssen es wohl 40 sein. Die andere Maschine bekommt direkt 60. Viel hilft viel. Tür zu, Waschmittel rein, ab dafür.
Phase 4: Ca. 45 Minuten später. Na super. Waschmaschine 1 zeigt noch 28 Minuten Restzeit und ein leuchtendes „E“ für „Error“ an. Tür auf, Tür zu, kräftig rütteln, wieder einschalten. Zumindest Waschmaschine 2 ist fertig. Also wird der Inhalt in einen der Trockner verfrachtet. Ein Modell mit Trommel. Mittlere wärme, 15 Minuten. Erwähnte ich, dass ich noch nie einen Trockner bedient habe?
Phase 5: Ok, 15 Minuten waren zu wenig. Nochmal das gleiche. Mittlerweile hat sich auch Waschmaschine 2 dazu durchgerungen meine Wäsche in Ruhe zu lassen. Zum Trocknen derselben steht mir eine besonders ausgeklügelte Gerätschaft zur Verfügung. Ein Trockenschrank. Und siehe da: Es ist exakt ausreichend Platz für alle meine Shirts vorhanden. Geniale Konstruktion. Nur wie bedient man das gute Stück? 40 Grad, 30 Minuten? Ja, vielleicht.
Phase 6: Ok, der Inhalt des Trommeltrockners macht diesem Gerät alle Ehre. Alles ist trocken. Super. Ein Blick in den Schrank und ein prüfender Griff an Saum und Nähte sagt mir jedoch: Hier ist noch reichlich Feuchtigkeit im Spiel! Also nochmal das Ganze.
Fazit: Mein Erfahrungsschatz ist um die Bedienung dreier Geräte reicher, dafür bin ich um 4 Stunden Lebenszeit ärmer. Ein guter Tausch? Vielleicht.
Und wer bis hierhin durchgehalten hat, der hat sich jetzt, ebenso wie ich, seinen geruhsamen Feierabend verdient. Gehabt euch wohl!
Der Michi