Mittwoch, 14. Januar 2009

Ich zittere nicht...

...vor Kälte, ich zittere vor Wut, weil es nicht noch kälter ist. Ja, es war warm in Lappland. Viel zu warm. Schlappe -17 Grad herrschten bei unserer Ankunft in Kiruna. Und dafür hockte ich jetzt 18 Stunden in einem zu engen, stickigen Bus? Bin eintausendzweihundet Kilometer nordwärts gereist, die letzten 100 davon nördlich des Polarkreises, in freudiger Erwartung, endlich mal Temperaturen jenseits der -30 Grad erleben zu dürfen. Und was ist? Nahezu sommerliche Wärme erwartet mich. Nun gut, ein schnelles Frühstück im Hostel, das Gepäck in irgendeiner Ecke abgestellt, und schon ging es, nicht mal eine halbe Stunde nach unserer Ankunft, los zu einem der Highlights dieser Tour. Hundeschlittenfahren. Schön im Schnee. Mit echten Hunden. Also nix wie rein in die warme Kleidung, die alaskischen (oder wie nennt man das, wenn etwas aus Alaska kommt?) Schlittenhunde angespannt und ab durch den Schnee. Einfach einmalig, wie viel Dampf diese possierlichen Tiere in den Pfoten haben. Sollte also jemand mal die Gelegenheit zu einem solchen Ausflug haben, noch dazu auf einem originalen samischen Holzschlitten, kann ich nur raten: machen! Fotos dieses Erlebnisses gibt es hier (<- klicken!)

Dann war da noch Kiruna selbst. Kleines, etwas verschlafenes Städtchen, das eigentlich nur aufgrund der Eisenmine und des Tourismus besteht. Dieser Eisenerzabbau führt auch dazu, das innerhalb der nächsten ca. 20 Jahre eine logistische Meisterleistung vollbracht werden wird: Die Stadt muss umziehen. Einfach mal alles ein paar (Kilo-)meter weiter wieder aufbauen. Ja, Bergschäden gibt es nicht nur im Ruhrgebiet. Wer wissen möchte, wie die Stadt heute noch aussieht, findet Fotos von der Stadt hier (<- klicken!), Fotos von unserer (sehr teuren!) Führung durch die Minen finden sich dort (<- klicken!). So interessant es auch war, möchte ich hier doch anprangern, dass knapp 20 Euro für eine solche Werbeveranstaltung schon recht viel (wenn nicht gar zu viel) verlangt ist.

Was man sonst noch so in Lappland tut? Mögt ihr Rentiere? Ich schon, und zwar aus drei Gründen. Erstens: Sie sind niedlich. Zweitens: Sie sind kuschelig. Drittens: Sie sind schmackhaft. All dies konnten wir beim Besuch einer Rentierfarm, geführt von einer samischen Familie, erfahren. Und auch davon gibt es Bilder, und zwar hier (<- klicken!).

Wie baut man eigentlich ein Haus, wenn's so richtig kalt ist? Klar, aus Eis! Sobald in Jukkasjärvi der Fluss gefriert, wird das aus Funk und Fernsehen bekannte Eishotel errichtet. Aber mal im Ernst, so schön dieses Kunstwerk (jeder Raum wird von internationalen Künstlern individuell gestaltet) auch ist: Schlafen möchte ich da wirklich nicht. Die Schlafzimmer sehen zwar toll aus, wie man auf den Fotos hier (<- klicken!) sehen kann, aber mir fehlt es da doch an Luxus und Wärme. Was man sich aber, im Gegensatz zu einer Übernachtung, nicht entgehen lassen sollte, ist das Restaurant. Zwar nicht aus Eis, dafür aber mit einem unglaublich guten Buffet. Ich bin ja, wie vermutlich bekannt ist, kein großer Freund von Fisch, aber dem gebeizten Lachs mit Dillrand konnte ich nun wirklich nicht widerstehen. Wow! Genau wie das Roast Beef. Und eigentlich alles andere auch.

Schön ist es übrigens nicht nur im schwedischen Teil Lapplands, sondern auch im norwegischen Städtchen Narvik. Aufgrund des ganzjährig eisfreien Hafens (Stichwort: Golfstrom) ein beliebter Umschlagplatz für Eisenerz aus der Region um Kiruna, außerdem aus genau diesem Grund im 2. Weltkrieg von deutschen Truppen besetzt, hart umkämpft und dabei zu großen Teilen zerstört. Allerdings begann schon kurze Zeit später der Wiederaufbau. Heute ist in Narvik vor allem die Fjordlandschaft beeindruckend. Hier (<- klicken!) kann man sich einen kleinen Eindruck verschaffen.

Es folgte noch eine Nacht in einem Hostel mitten im Nirgendwo, danach ging es zurück Richtung Stockholm. Juchu, 21 Stunden Busfahrt, dann schnell duschen und ab zur schriftlichen Prüfung. Naja, man ist noch jung und angeblich noch belastbar.

Nach 2 Tagen im Wohnheim, incl. beschaulicher Weihnachtsfeier, ging es dann endlich zurück in die Heimat zu Familie und Freunden. Ach, herrlich. Viele Leute wiedersehen, gemeinsam feiern, reichlich Zwiebelmett und andere deutsche Spezialitäten essen, endlich mal wieder ein gutes, getreu dem Reinheitsgebot gebrautes Bier genießen. Ja, so macht die Weihnachtszeit Spaß. Unabdingbar zur Weihnachtszeit ist natürlich auch die große ”Weihnachtsmaitour” am von uns eingeführten ”dritten Weihnachtstag”, was auch diesmal wieder ein gemütliches, glühweingeschwängertes Ereignis mit reichlich Grill- und Weihnachtsgeruch in der Luft war.

Auch Silvester wurde reichlich und ausgiebig gefeiert und ich bekam endlich die Gelegenheit, dafür zu sorgen, ein fast in Vergessenheit geratenes Tier wieder ”in aller Munde” zu bringen: Den guten alten* Mettigel. Lecker.

Tja, und am 2. Januar ging es – ekelhaft früh morgens - schon wieder zurück nach Stockholm. Zurück zu den letzten Seminaren und Prüfungen, zurück zu neugewonnenen Freunden, aber auch zurück zu einigen Abschieden. Teils mehr, teils weniger schmerzhaften.

Bis zu meinem vorläufigen ”Abschlussbericht” in ein bis zwei Wochen (der Rückflug ist für den 18. gebucht) verbleibe ich mit freundlichsten Grüßen

der Michi


* (in diesem Fall natürlich nicht alt, sondern frisch!)

Dienstag, 9. Dezember 2008

Schnee.

Juchu. Viel Schnee. Aber ausgerechnet ein kleiner Schneesturm, wenn ich mir in Ruhe Helsinki angucken will? Na gut, winterliche Stimmung bringt man ja schon irgendwie ganz gerne mit Finnland in Verbindung. Außerdem habe ich endlich den Beweis, dass meine Kamera robuster ist, als immer alle sagen:

Desweiteren gab's dem Wetter zum Trotz eine... naja... Weihnachtsparade? Den genauen Sinn und Zweck dieses kleinen Umzugs habe ich nicht verstanden, aber guckt mal, wen ich entdeckt habe:

Noch ein kleines bisschen Finnisch-Unterricht gefällig? Nehmt einfach ein deutsches, schwedisches oder manchmal auch englisches Wort und hängt ein -i hinten dran. Das sollte in den meisten Fällen reichen. Die Grillbude heißt beispielsweise "Grilli", die Salami "Mettwursti".


Und auch in Finnland wird man seltsam angeguckt, wenn man ein Glas gesunde Milch bestellt. Der Kellner fragte 3 mal nach, was ich haben möchte. "Pepsi?" - "No, one glass of milk, please?" - "What? Do you want Pepsi?" - "No, just one glass of milk, please." - "Milk? Oh...mhh...yes, ok." Hier der stolze Jäger mit seiner Beute (übrigens minderwertige H-Milch mit geringem Fettgehalt. Offensichtlich sind die Finnen genauso unfähig wie die Schweden, Milch mit mehr als 3 Prozent Fett zu verkaufen. In diesem Fall schmeckte es nach 0,5prozentiger Milch. Ja, sowas gibt es wirklich.):

Weiter Fotos aus dem winterlichen Helsinki gibt es hier <-.

Und wo wir schon beim Thema Fotos sind: Manchmal kann ich mich ja dazu durchringen, morgens recht früh aufzustehen. Auch wenn ich belächelt werde, weil ich morgens um 6 losziehe, um Stockholm am frühen Morgen im Schnee zu fotografieren. (”Ach, das kannste doch auch heute Abend noch machen, oder morgen oder so.”). Gut, dass ich's trotzdem gemacht habe, einen Tag später war vom Schnee außer diversen Matschpfützen nichts mehr zu sehen. Die Bilder, für die ich meinen wohlverdienten Schlaf opferte, gibt es hier <-.

Ein wenig Kultur gefällig? Diesmal geht es um einen bedeutenden schwedischen Schriftsteller, den guten August Strindberg. Ein wahrlich beeindruckender Mann. Das müssen seine Zeitgenossen ähnlich gesehen haben, denn schließlich zogen sie jeweils anlässlich seines 60. und 63. Geburtstages in einem Fackelzug durch Stockholm, um ihn zu ehren. Er winkte ihnen freundlich vom Balkon aus zu. Und als das arg konservative Nobelpreis-Kommitee sich weigerte, ihm den Nobelpreis zu verleihen, sammelten die Schweden kurzerhand im ganzen Land 45.000 Kronen (eine wirklich beeindruckend große Menge Geld) und überreichten sie ihm als ”Anti-Nobelpreis”. Woher ich das alles weiß? Ich habe es endlich geschafft, das Strindberg-Museum zu besuchen, was ich schon seit Langem vorhatte. In diesem Wohnturm im Herzen Stockholms hatte sich der gute Herr Strindberg gegen Ende seines bewegten Lebens häuslich eingerichtet. Und seine Originalwohnung incl. Einrichtung wurde als Museum hergerichtet. Sogar die Dinge auf seinem Schreibtisch liegen noch in der gleichen akribischen Ordnung, in die der Meister sie vor seinem Ableben gebracht hat. Schon ein seltsames Gefühl, am Sterbebett dieses großen Mannes zu stehen, und in seinem Arbeitszimmer musste ich mir doch glatt eine Träne verdrücken, mitten in den Büchern und Manuskripten des vermutlich bedeutendsten schwedischen Verfassers. Bei nächster Gelegenheit werde ich auch noch an einer Besichtigung seiner Privatbibliothek teilnehmen.

A propos Privatbibliothek...meine Liebe zu Büchern wird mich nochmal in den Ruin treiben. Denn dieses Museum versteht sich gleichzeitig auch als teilantiquarische Buchhandlung, die Werke von und über Strindberg, sowohl gebrauchte als auch neue, zu unglaublich guten Preisen feilbietet. Einige davon haben jetzt ihren Platz in meinem Bücherregal gefunden. Noch dazu hat Stockholm eine sehr rege Antiquariatskultur, sprich: An fast jeder Ecke kann man zu Spottpreisen Bücher erwerben. Kann mich bitte jemand festhalten? Und meine Geldbörse verstecken? Und mich, wenn es Zeit ist, Schweden den Rücken zu kehren, mit einem Lastwagen abholen?

Zum Schluss noch ein wenig aus meinem Alltag. Ach, wie lieblich ich doch heute Morgen geweckt wurde. Wie heißt noch gleich der kleine Bruder vom Presslufthammer, mit dem man Fliesen von den Wänden meißelt? Vom harmonischen Geräusch eines solchen Gerätes wurde ich jedenfalls heute morgen aus dem Schlaf gerissen. Offensichtlich wird im Zimmer über mir das Badezimmer renoviert. Ich hoffe inständig, dass dafür keine schwedischen Arbeiter verpflichtet wurden, denn dann dauert die Renovierung eines kleinen (ca. 4 Quadratmeter) Badezimmers gerne mal über 8 (acht!!!) Wochen.

So, übermorgen geht es nach Lappland. Ich habe eine Skihose, schwere Stiefel mit Spikes, sonstige Warme Kleidung und eine Thermoskanne. Mir kann nichts passieren.

Gehabt euch wohl!

Der Michi

Samstag, 22. November 2008

Eine Kreuzfahrt...

...die ist lustig. Und außerdem spottbillig. Vor allem, wenn man das Glück hat, in einer Stadt wie Stockholm zu wohnen. Wasser gibt es schließlich zur Genüge. Nicht umsonst wird Stockholm das ”Venedig des Nordens” genannt. Wobei der Stockholmer an sich wohl eher Venedig als ”Stockholm des Südens” bezeichnen würde. Worauf ich eigentlich hinaus will? Von meiner beschaulichen Wohnumgebung brauche ich nur ca. eine halbe Stunde zu den Terminals der großen Kreuzfahrtgesellschaften ”Viking Line” und ”Tallink Silja”. Diese beiden Linien haben die ausgesprochen angenehme und studentenfreundliche Angewohnheit, ihre Dienste für einen Spottpreis feilzubieten.

So war ich auch sehr erfreut, als ich gefragt wurde, ob ich nicht spontan an einer Kreuzfahrt in Richtung Åbo (Finnland) teilnehmen wollen würde. Klar würde ich wollen. Und sowohl wollen als auch tun tat ich dann auch. Und schon sind wir wieder bei einer Eigentümlichkeit der Schweden. Ich für meinen Teil verreise ja für gewöhnlich gerne mit einem Ziel, getreu dem alten Muster: Hinreise -> Ziel -> Rückreise. Nicht so die Schweden. Ihnen reicht die seltsame Kombination: Hinreise -> Rückreise. Wo da das Ziel bleibt? Wie man so schön sagt: ”Der Weg ist das Ziel”. In Deutschland würde man eine solche Fahrt ”Butterfahrt” nennen, wobei mir auf der schwedischen Variante nicht ein einziges Stück Butter unterkam. Der Schwede an sich – egal welchen Alters – nutzt nämlich diese Fahrt nicht zur Versorgung mit aus Milchrahm hergestelltem Streichfett, sondern eher, um den steuerfreien Spirituosenladen gründlich leerzukaufen. Bei den in Schweden üblichen Getränkepreisen durchaus verständlich, für deutsche Verhältnisse aber immer noch reichlich teuer. Auch für Einwohner von Ländern mit weniger rigoroser Steuerpolitik interessant ist jedoch das schiffseigene Showtheater, in dem sowohl eine Musical-Show als auch zwei Livebands das Publikum gekonnt zu unterhalten wissen. Ganz zu schweigen von der anheimelnden Atmosphäre, die durch die an ein edles Varieté angelehnte Möblierung erreicht wird. Alleine das war die Umgerechnet 10 Euro für Fahrt incl. Übernachtung in der luxuriösen Kabine mit Flachbildfernseher wert.

Weniger schön war dann allerdings der Anblick einiger schwedischer Rentner am Morgen, die das Frühstücksbrötchen gekonnt mit doppeltem Cognac runterspülten. Auch hier wieder Seltsames: Im Frühstückscafé konnte man zwar zwischen diversen Spirituosen zum Frühstücksmenü wählen, Milch gab es jedoch nicht.

Notiz an mich: Die nächste Kreuzfahrt bitte mit einem Ziel, an dem ich auch an Land gehen kann. Oh, schrieb ich gerade nächste Kreuzfahrt? Die nächste Kreuzfahrt ging anderthalb Wochen später nach Riga. Diesmal war es keine Rentner-Cognac-Fahrt, sondern eine in Zusammenarbeit mit der Uni organisierte ”International Student Cruise” mit Studenten aus Stockholm, Kopenhagen, Karlstad und einigen anderen skandinavischen Universitäten. Wie bei solchen Veranstaltungen leider üblich, waren die 1100 Mitreisenden fast ausschließlich Austauschstudenten, was dafür sorgte, dass mal wieder die englische Sprache ihre Dominanz bewies. Schade eigentlich. Hier durfte ich feststellen, warum die ganze Sache so kostengünstig war. Hättet ihr geahnt, dass es UNTER den beiden Autodecks noch ein Deck gibt? Ich gehe davon aus, dass man einfach nur die Ruderbänke gegen bettähnliche Konstruktionen ausgetauscht hat, denn von Luxus oder gar Sauberkeit war hier nichts zu spüren. Also ehrlich, meine Erwartungen waren ja nicht sonderlich hoch, aber DAS war wirklich albern. Zumindest die Toilette hätte man wenigstens abwischen können, wenn man schon nicht richtig putzt. Zumindest das Bett war bequemer als mein Wohnheimsbett, was aber auch nur bedeutet, dass mich in diesen 2 Nächten keine Metallfedern in den Rücken pieksten. Interessant hingegen war der Umstand, dass ich auch bei geschlossener Tür auf den Gang sehen, zumindest aber das Licht aus dem Gang sehen konnte, denn die Tür war oben und unten dermaßen verbogen, dass sie nur direkt am Schloss überhaupt noch an der Türzarge anlag.

Nichtsdestotrotz ist Riga definitiv eine Reise wert. Das Stadtbild ist – zumindest in der Innenstadt – geprägt von prachtvollen Jugendstilbauten auf der einen und mittelalterlicher Altstadt auf der anderen Seite. Die touristische Saison war allerdings offensichtlich schon vorbei, sodass die Stadt bis auf 1100 übernächtigte Studenten mit mehr Rändern als Augen nahezu menschenleer war. Mein Genussmenschenherz durfte sich dann allerdings in der Taverne zum alten Bernsteinweg an einheimischen Köstlichkeiten und einem großen Krug Bernstein-Starkbier erfreuen. Eine hervorragende Entschädigung für nächtliche Ruhestörung durch auf dem Flur gröhlende Spanier und Franzosen. So eine verbogene Tür bietet leider keinen übermäßig guten Schallschutz.

Wo ich schon bei kulinarischen Köstlichkeiten bin... nicht nur in der Hauptstadt Lettlands, auch in schwedischen Studentenwohnheimen wird bisweilen zauberhaftes kredenzt. So hatte ich das große Glück, zum Essen bei einem ungarischen Mitstudenten eingeladen worden zu sein. Und meine Güte, der Mann kann kochen! Die Bohnensuppe nach Familienrezept, garniert mit der ungarischen Version einer Schweinshaxe, gehört jedenfalls eindeutig zum Besten, was während meiner Zeit hier in Stockholm meinen Gaumen erfreuen durfte. Und auch der selbstgebrannte Pflaumenschnaps, der zu einem solchen Essen offenbar dazugehört, wusste zu überzeugen.

Als ich nach diesem kulinarischen Erlebnis und einem darauf folgenden Treffen mit einer münsteraner Kommilitonin aus Lund zu meinem Wohnheim zurückkehrte, erwartete mich eine weitere Überraschung in Gestalt meines türkischen Flurgenossen:

Keine Angst, der Gute läuft nicht immer so rum, sondern passte seine Kleidung der 2 Stockwerke über uns stattfindenden Sommerparty an, der ich mich dann auch noch für ein paar Stunden anschloß.

Dürfen es noch ein paar Fotos sein? Bei herrlichstem Sonnenschein schrie Schloss Drottningholm, der Sitz der schwedischen Königsfamilie, förmlich danach, besichtigt zu werden. Einfach hier <- klicken.

Noch ein bisschen schwedischer Alltag gefällig? In meinem letzten Eintrag habe ich ja von meinem jugendlichen Leichtsinn getrieben versprochen, dieses Mal das modische Erscheinungsbild junger Stockholmerinnen zu beschreiben. Wahrlich, manchmal ist dies keine Freude. Kleidungsmäßig geht der Trend zu eng und kurz. Und ja, die Körperfülle scheint dabei keine Rolle zu spielen. Also egal ob kurz vor Welthungerhilfe-Werbefigur oder Fast-Food-Ketten-Stammkundin, der Rock sollte, auch bei Minusgraden, nicht länger sein als 10cm. Auch dann, wenn das zugehörige Gesäß diese Ausdehnung überschreitet. Dazu natürlich eine enge Leggings oder auch Strumpfhose, Hauptsache, das ganze beißt sich farblich. Besonders gruselig sind Leggings in Kunstleder-Optik, die auch gerne als einziges Beinkleid getragen werden. Oberteile dürfen dagegen gerne lang sein, das spart dann den Rock. Damit man trotzdem nicht mehr Stoff verbraucht, wird dafür gerne großzügig obenrum gespart. Auch wenn man es nicht glauben mag: Das ist nicht immer schön.

Sind die Leggings mal zu kurz, heißt das noch lange nicht, dass die Stiefel dementsprechend höher sein müssen. Da kann frau ruhig trotzdem Pumps oder auch Ballerinas tragen. Vom Make-Up möchte ich gar nicht erst anfangen, jedoch noch ein Zitat des guten Atze Schröder loswerden: ”Ich mag das ja manchmal so'n bisschen billig.”

Ich hör jetzt lieber auf, bevor ich den Glauben an die Menschheit verliere. Haben die Schweden eigentlich keinen Spiegel zuhause?

Zum Glück gibt es auch sehr erfreuliche Gegenbeispiele, doch leider sind diese äußerst rar gesät. Euch, liebe Leser, entlasse ich jetzt mir dieser Skizze einer leider nicht ungewöhnlichen Farbkombination:

Gehabt euch wohl!


der Michi

Freitag, 31. Oktober 2008

Der Bollerofen...

...welch nützliche Erfindung. Spendet er doch Wärme, Gemütlichkeit, rustikales Ambiente und den zarten Duft gen Himmel steigender Raucharomen. Und in unserer modernen, oftmals allzu schnelllebigen Welt gibt er dem Mann sein altes Refugium zurück, lässt ihn zurückkehren zu dem, was seit der Steinzeit seine wichtigste und zugleich auch schönste Aufgabe war: Feuer machen.

Warum ich hier so abschweife und mich in Schwärmereien ergehe? Die Antwort lautet: Spontanurlaub. Aber der Reihe nach: Die Nacht von Donnerstag auf Freitag war auf Grund eines noch zu schreibenden Aufsatzes von wenig (de facto: gar keinem) Schlaf geprägt, der darauf folgende Morgen bescherte mir einen längeren Aufenthalt in der Uni, und als ich nach Hause kam, wollte ich nur noch 2 Dinge: Meine Pizza essen und schlafen. Der erste Punkt dieser simplen Auflistung meiner Bedürfnisse war schon fast abgehakt, als mein Telefon klingelte. Ich muss gestehen, für einen Moment darüber nachgedacht zu haben, einfach nicht dranzugehen und mir selbst und dem Anrufer vorzuspielen, ich würde schon schlafen. Aber ne, kann ich ja nicht machen. Zuerst also die Frage: ”Hey Michi, heute schon was vor?” Darauf ich: ”Öhm, ja, also außer schlafen (lange und viel) eigentlich noch nichts...” - ”Gut, was hältst du von Urlaub? Wir haben übers Wochenende ne Hütte im Wald am See gemietet, schön mit Plumpsklo und Sauna und so, aber jetzt ist einer krank geworden. Willst du mit?” Und da ich ja ein spontaner Mensch bin, sagte ich: ”Hey, das klingt gut, wann soll's denn losgehen?”. Tja, fast bereute ich meine Spontanität, als ich hörte, dass ich noch knapp 1 ½ Stunden Zeit hätte, meine Sachen zu packen und alles zu regeln. See you, Schlaf! Also schnell die Pizza aufgefuttert, einen traurigen Blick Richtung Bett geworfen, den Rucksack rausgekramt und dann nichts wie rein mit meinen Siebensachen in den Beutel!

Knapp anderthalb Stunden später ging sie dann los, die lustige Fahrt in den 150km nördlich gelegenen Nationalpark mit dem schönen, aber für Nichtschweden unaussprechlichen Namen Färnebofjärden. Oder sollte man besser Irrfahrt sagen? Denn unsere Hilfsmittel zum Erreichen dieses Ziels waren die folgenen: Ein gemieteter VW Transporter, 1 Kompass, 3 Karten, die sich vor allem dadurch auszeichneten, unser Zielgebiet NICHT zu enthalten, eine dürftige Map24-Wegbeschreibung zu einem völlig anderen Ort und die obskure Wegbeschreibung des Hütten-Vermieters. Das klingt nach Spaß, zumal es ab ca. 17 Uhr in Schweden stockdunkel ist. Also folgten wir auf unserer Odyssee der Beschreibung des Vermieters, wobei wir noch einen kurzen Zwischenstopp in der Nähe von Uppsala zwecks Proviantaufnahme einlegten. Bei diesem Einkauf wurde dann auch der Geschlechterkonflikt zwischen den 3 Männern und 4 Frauen unserer kleinen Expedition in die schwedische Wildnis deutlich. Spätestens dann, als wir drei Herren eine Palette Eier samt Speck zwecks morgendlichem Verzehr zum Einkaufswagen trugen. Ich erspare mir an dieser Stelle weitere Ausführungen zu geschlechtsspezifischem Ernährungsverhalten.

Dann ging es weiter gen Norden, und es wurde sowohl noch dunkler als auch noch waldiger. ”Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist...” - ”Baum!” - ”Mist.” Dass ich nicht gerade mit einem rühmenswerten Orientierungssinn ausgestattet bin, sollte ja hinlänglich bekannt sein. Leider schien es meinen Mitreisenden ähnlich zu gehen, denn plötzlich standen wir mitten im Wald und wussten nicht mehr weiter. Die präzise Beschreibung des Zielgebietes belief sich nämlich leider auf den Namen des Ferienortes und den Vornamen der Vermieterin. Nach einigem Umherirren im Dunkeln fiel uns plötzlich ein weißer Volvo auf, der uns scheinbar folgte.

Ok, wir sind alleine mitten im dunklen Wald, weit abseits jeglicher Zivilisation, und uns folgt jemand? Das kann eigentlich nur 2 Dinge bedeuten: 1. Verwirrte Psychopathen die uns auflauern. 2. Unsere Vermieter, die so nett waren, uns zu suchen. Oder beides. Na gut, es war jedenfalls hauptsächlich Nummer 2, und so kamen wir dann doch noch an unserer Ferienhütte an. Augenscheinlich war dies einer der gemütlichsten Plätze auf der Welt. Die etwas skurillen, aber durchaus freundlichen Vermieter hatten schon sämtliche Lichter angeschaltet und den Bollerofen angeheizt. Erst bei der Abreise jedoch offenbarte mir die Vermieterin, in welch historischen vier Wänden wir da gehaust haben. Hielt ich die Zahl 1912 an der Küchenwand noch für das Jahr der Erbauung, ist es in Wirklichkeit nur das Jahr, in dem die Hütte von der anderen Seite des Sees, an der sie da schon für ca. 200 Jahre gestanden hatte, an den aktuellen Standort verpflanzt wurde. Das war zumindest das, was ich aus dem Englisch-Schwedisch-Gemisch der guten Frau entnehmen zu können glaubte.

Ein paar Eindrücke dieses absolut wunderbaren Wochenendes findet ihr hier (<- klicken).

Auch ein tieferer Einblick in die schwedische Tierwelt war mir an diesem Wochenende gestattet. Allerdings leider einer der eher unangenehmen Sorte. Denn was auch immer mich da gestochen hat, muss ein besonders übles Exemplar der gemeinen Sumpfmücke gewesen sein, jedenfalls sorgte sie dafür, das meine Hand auf das Doppelte ihrer Größe anschwoll (Tendenz steigend) und ich mich bis einschließlich Montag zur Spezies der Einarmigen Banditen zählen durfte. Meine linke Hand war nämlich zu nix mehr zu gebrauchen (außer als Anschauungsmodell für die maximale Schwellfähigkeit der menschlichen Hand).

Die Unsitte, amerikanische Festlichkeiten zu übernehmen, ist leider auch an den Schweden nicht vorbeigegangen. So wird auch hier reichlich Halloween gefeiert. Und da der Michi an sich ja kein Spielverderber ist, hat er sich auch hieran beteiligt:

Zum Schluss abermals meine Lieblingsrubrik. Ja genau, das schwedische Alltagsleben. Passt auch ganz gut zu Halloween, bisweilen ist es hier nämlich wirklich gruselig. Ich frage mich manchmal, ob der Schwede an sich keinen Spiegel zuhause hat. Worauf ich eigentlich hinaus will? Darauf, dass ich ganz froh bin, nicht jedem Modetrend hinterherrennen zu müssen. Dieser sieht hier nämlich im Moment folgendermaßen aus:

Für ”Männer” (so man sie denn als solche erkennt): Das Gesicht ziert eine Brille, die erschreckende Ähnlichkeit mit dem Modell hat, dass auch in unseren Karnevals-Nasenbrillen verbaut ist. Aber die Schweden meinen das ernst!!! Auch die sonstige Gestaltung des Antlitzes ähnelt der Nasenbrille, die ja gewöhnlich mit Bart geliefert wird. Das in Schweden gerade aktuelle Modell der Gesichtsbehaarung ist ein (möglichst blonder) Oberlippenbart, von dem ich hoffte, dass er bereits in den frühern 80ern ausgestorben sei.

Den Kopf bedeckt dazu gerne eine Mütze in Farben, die nicht zum Rest der Kleidung passen, und die auch innerhalb von Gebäuden oder bei warmem Wetter nicht abgenommen wird.

In Sachen Beinkleid geht der Trend gerade zu engen Karottenhosen, die auch gerne mal zu kurz sein dürfen, dazu wahlweise hässliche Turn- oder Lederschuhe (gerne auch spitz zulaufend!) mit weißen Socken oder aber auch Stiefel, die fast bis zum Knie gehen (und in die natürlich die Hose reingestopft wird). Im schlimmsten Fall sieht das dann ungefähr so aus:

Was die Frauen hier so tragen, erzähle ich euch dann beim nächsten Mal. Auch das ist leider meistens nicht weniger gruselig.

Bis dahin wünsche ich noch ein angenehmes Wochenende

der Michi

Sonntag, 19. Oktober 2008

"Hump-pa!"...

...”Hump-pa! Hump-pa!” Warum ich hier so oft ”Humppa!” rufe? Na klar, weil ich am Freitag Abend auf einem Eläkeläiset-Konzert war. Heidewitzka! DAS war mal ein brillianter Abend. Was? Einige wissen nicht, wer Eläkeläiset sind? Na, dann haben diese Einigen aber einiges verpasst. Bei dieser Formation handelt es sich um eine finnische Band, die ihr musikalisches Schaffen der Humppa, einer Art finnischer Polka gewidmet hat. ”Eläskeläiset” bedeutet auf Deutsch übrigens so viel wie ”Die Rentner”, weil laut Aussage der Band Humppa eigentlich Musik für Rentner ist. Und so kleidet sich die Band auch. Hey, stand da nicht gerade ”eigentlich”? Ja. Denn bei den sympathischen Finnen wird aus angestaubter Tanztee-Musik der optimale Party-Soundtrack. Denn es werden (mehr oder weniger) bekannte Songs aus dem Rock-, Pop- und Metal-Bereich gespielt, außerdem geschieht das ganze etwas schneller, als es bei dieser Musikrichtung eigentlich üblich wäre. Mittlerweile sind auch einige höchst gelungene Eigenkompositionen entstanden. Charakteristisch ist, dass bei so ziemlich jedem Liedtitel das Wort ”Humppa” vorkommt. Und das auf der Bühne gerne nicht nur musiziert, sondern auch kräftig gefeiert wird. Und ausgesprochen umtriebig sind die Finnen auch, spielen sie doch im Jahr laut eigener Angabe 80 bis 100 Konzerte, davon ca. 40 in Deutschland. Und was macht man auf Tour, wenn man nicht gerade auf der Bühne steht bzw. eher sitzt? Man versteckt Dinge, welche die Fans dann suchen und finden können. Vorzugsweise hochprozentige Getränke, manchmal aber auch ein Keyboard oder andere lustige Überraschungen. Als kleine Hilfestellung werden die Koordinaten der Verstecke dann auf der Bandhomepage veröffentlicht. Genug der Abschweifung, wer mal die Möglichkeit hat, Eläkeläiset live in seiner Nähe zu sehen, sollte das nicht verpassen, gute Unterhaltung ist garantiert.

Was ist sonst noch so passiert seit dem letzten Eintrag (der - Asche auf mein Haupt! - auch schon ein bisschen länger her ist, da mich eine fiese Erkältung niederstreckte)? Beispielsweise brach über Schweden eine Woche lang eine Invasion aus Deutschland ein, die ihr Hauptquartier in meiner bescheidenen Behausung aufschlug. Bilder davon gibt es hier (<- klicken!) zu sehen.

Und jetzt abermals meine Lieblingskategorie: Schwedisches Alltagsleben. Diesmal 3 Punkte. Zum ersten: Freizeit. Ja, manchmal sieht man Sportler in der Öffentlichkeit. Jogger im Park, Inline-Skater auf dem Gehweg, Halb-Liter-Stemmklassen-Meister in der Kneipe. Aber Stockholm kann mehr! Es wunderte mich beispielsweise sehr, auf einem der zentralsten Plätze in Stockholm Schnee zu sehen. Und das bei spätsommerlichen Temperaturen. Offenbar hatten ein paar findige Menschen sowohl die gute Idee als auch die passenden Sponsoren, um einen kleinen Snowboard-Wettbewerb mitten in der Innenstadt auf einer Treppe auszurichten und ein paar Meter weiter jungen Skateboard-Talenten die Gelegenheit zu geben, wahlweise der Öffentlichkeit sich selbst und ihre Künste zu präsentieren oder sich aber auch öffentlich die Knochen zu brechen. Jedenfalls gab mir diese interessante Gelegenheit, mich mal als Sportfotograf zu versuchen. Hier die Ergebnisse. (<- klicken).

Zweitens. Haustiere. Auch Haustiere und deren Besitzer sieht man bisweilen an öffentlichen Orten. Hundehalter samt Tier beim beschmutzen der Gehwege (und – in glücklichen Ausnahmefällen auch beim Beseitigen der Verschmutzung), streunende Katzen, Flöhe in der Haarpracht. Auch hier kann Stockholm mehr. Beispielsweise diesen jungen Herren in der U-Bahn-Station, ganz nach guter alter Piratenmanier:

Drittens. Warnschilder. Nicht nur in Deutschland wird man an jeder Ecke vor den Gefahren des Lebens gewarnt, nein! Auch die Schweden können das. Beispielsweise am Aufzug des Musikmuseums, wo man davor gewarnt wird, sich nicht von seiner Mülltonne (!) im Aufzug einklemmen zu lassen:

Ja, manchmal sind sie seltsam, diese Schweden.

Ich hoffen, ihr bleibt mir gewogen und kommt trotzdem wieder.

Hälsningar!

Der Michi

Samstag, 4. Oktober 2008

Zwei...

...zum Preis von einem. Oder so ähnlich. Jedenfalls gibt's heute für zwei Wochen nur einen Eintrag. Also einmal lesen, zwei mal informiert sein. Und es gibt was extra: Mehr Text, jede Menge Fotos und das Rezept der Woche!

Der frühe Vogel erfreut sich ja bei einigen Zeitgenossen außerordentlicher Beliebtheit. Da ich aber kein großer Freund des Würmerfangens bin, erschließt sich mir der Sinn des frühzeitigen Verlassens meines Bettes nur sehr selten. Manchmal lohnt es sich allerdings auch, wie ich auf einem morgendlichen Spaziergang durch die Stadt feststellen durfte:

Außerdem habe ich erkannt, warum die Schweden sich die hohen Preise hier ohne weiteres leisten können: Sie haben sich eine goldene Nase verdient, wie man an diesem jungen Mann hervorragend sehen kann:

Und auch in dieser Woche gab es wieder Veränderung. Während ¼ der deutschen Flurbelegschaft Kungshamra in Richtung Berliner Heimat verlassen hat, bekam ich pünktlich zu seiner Abschiedsparty netten und ausgesprochen willkommenen Besuch aus der Heimat. Also gings auch direkt am Samstag Morgen zum großen Herbstmarkt im Freiluftmuseum Skansen. Doch welch ein Schreck! Der Marktplatz war verwaist, nichts zeugte von dem angeblich riesigen und malerischen Markt mit traditionellem schwedischen Handwerk, Essen und Musik. Naja, der Park hat ja auch ansonsten einiges zu bieten, wie ich vor einigen Wochen schon beschrieb. Also fleißig den ganzen Park erkundet, bis wir irgendwann zufällig hinter dem Apfel-Café (ja, es waren große Apfeltage in Skansen, 250 Sorten wurden ausgestellt!) auf einen Weg stießen, der uns in einen Teil des Parks führten, der sich bisher sehr erfolgreich vor uns versteckt halten konnte. Und Pottstausend! Da war auch jener mysteriöse Markt, der den geneigten Besucher in ein längst vergangenes Schweden zurück zu versetzen vermochte. Zum Abschluss gab es noch drei Sorten Wild (Elch, Ren und irgendwas anderes) in einer Dünnbrotrolle mit Creme Fraîche. Eigentlich find ich Elche ja zu putzig, um sie zu verzehren, aber schmackhaft sind sie schon. Damit das ganze hier noch ein bisschen übersichtlich und leserlich bleibt, gibt es die Bilder dazu diesmal in einer eigens angelegten Galerie. (<- da klicken!)

Sonntag ging es weiter mit Grillen. Endlich mal wieder. Aber das eigentliche Highlight des Abends war auch das Highlight des folgenden Dienstages: Rock-Karaoke im Pub Anchor. Brilliant. Die Stimmung war am Dienstag sogar so gut (und vielleicht auch so feucht-fröhlich), dass ich mich selbst auf die Bühne verirrt habe.

Am Montag stellte sich mein Postbote mal wieder selbst ein Zeugnis grober Arbeitsverweigerung aus. In Erwartung eines Paketes aus der Heimat harrte ich dem Boten, der mich mit selbigem beglücken sollte. Seltsamerweise läutete meine Klingel nicht. Wie auch, wenn der faule Scherge sie gar nicht gedrückt hat. Was ihn aber nicht davon abhielt, einen ”erfolglosen Zustellversuch” zu melden und mir einen Zettel in den Briefkasten zu werfen. Na super. Das Abholen eines Paketes gestaltet sich nämlich insofern als schwierig, als dass man auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist. Üblicherweise ist das in Stockholm kein Problem, wäre da nicht diese eine und einzige Linie, die zum Paketzentrum fährt. Die hat nämlich die höchst unangenehme Eigenschaft, nur 3 mal täglich für jeweils 2 Stunden im Halbstundentakt zu fahren. Und das üblicherweise nur dann, wenn ich gerade in der Uni sitze. Also konnte ich erst am Donnerstag nach einstündiger Reise die Hilfsgüterlieferung meiner fürsorglichen Familie in Empfang nehmen und mich am Inhalt erfreuen. Und gefreut habe ich mich! Vielen Dank dafür!

Und jetzt einmal mehr meine Lieblingskategorie: Schwedisches Alltagsleben. Zum Ersten: U-Bahn. Nachdem ich mich ja schon über die schier unglaublichen Fahrkünste schwedischer U-Bahn-Fahrer ausgelassen habe, rücke ich diesmal der Technik zuleibe. Notbremsen sind ja an und für sich eine durchaus praktische Sache. Man zieht im Notfall die Notbremse, und der Zug bremst. Unser Freund Wikipedia sagt dazu folgendes: ”Eine Notbremse ist eine technische Vorrichtung zur Auslösung einer sofortigen Bremsung, um Gefahr abzuwenden.” Sofortig? Nicht so bei den Schweden! Betätigt man eine schwedische ”Nödbroms”, hat diese den unglaublichen Effekt, dass der Zug an der nächsten Station hält. Im Notfall hält der Zug also genau da, wo er immer hält, und zwar zu der gleichen Zeit, zu der er da sonst auch hält. Wunderbar. Hoffentlich komme ich hier niemals in eine notbremsungsbedürftige Situation. Eine solche könnte zum Beispiel eintreten, wenn man in der Zugtür eingeklemmt wird. ”Moment, das kann ja gar nicht passieren!” schreit da mancher empört auf. Das ist richtig. Zumindest in Deutschland sind Zugtüren in der Regel mit Sensoren ausgestattet, die ein Einklemmen von Personen verhindern sollen. In Schweden besteht die einzige Sicherheitsvorkehrung aus einem Schild an der U-Bahn-Tür, welches besagt, dass man sich doch bitte nicht von der Tür einklemmen lassen soll, da man dabei Schaden nehmen könne. Danke auch.

Zum Zweiten: Feiertage. Jedes Land hat seine eigenen. Manche Länder jedoch feiern auch einfach die Feiertage anderer Länder, die in ihrem Ursprungsland eigentlich kaum oder zumindest nicht allzu intensiv gefeiert werden. So war ich ein wenig überrascht, in der Uni ein Plakat mit Deutschlandflagge zu sehen, welches besagte, dass am 3. Oktober der Tag der Deutschen Einheit auf dem Kampus gefeiert wird. Das ganze kombiniert man dann vorzugsweise noch mit ein wenig Oktoberfest, deutschem Bier und deutschen Würstchen. Und nicht nur an der Uni, auch sonst werden hier an mehreren Orten wahlweise Tag der Deutschen Einheit, Oktoberfest oder beides zusammen gefeiert.

Gerüchten zufolge ist das Studentenleben, besonders was Nahrungsmittel angeht, traurig und entbehrungsreich. Das an solchen Gerüchten auch etwas wahres dran ist, beweist das vermehrte Auftreten von Instant-Asia-Nudeln auf meinem Einkaufszettel sowie die Gründung der ”Noodle Connection” durch meinen türkischen Flurgenossen und mich. Bei dieser Vereinigung steht das nächtliche Zubereiten dieser kulinarischen Spezialität im Vordergrund. Auch werden sämliche Hersteller und Geschmacksrichtungen durch eine fachkundige Jury geprüft. Da ich aber auch ein großer Freund von sogenanntem ”richtigen” Essen bin, hier mal das Rezept für eine von mir kreirte Nudelsoße (ja, ich weiß, schon wieder Nudeln. Wem das nicht passt, darf mit dieser Soße auch gerne folgendes übergießen: Reis, Gnocchi, Bratkartoffeln, Toastbrot.).


”Der Hahn kräht nicht am End' der Nacht

weil Michi aus ihm Soße macht.”

Man nehme: 1-2 Stücke (ca. 200-300g) Hähnchenbrustfilet (wahlweise auch Pute), 200-300g braune Champignons, 1 Zwiebel, 1 Packung Creme Fraîche (200g), 2-3 Schmelzkäseecken (ca. 40-60g), 1 Brühwürfel (die gute Gemüsebrühe), ein guter Schluck Milch und Gewürze nach Belieben zum Abschmecken.

Und so gehe man vor: Die Hähnchenbrust in kleine Stücke schneiden und ab in Pfanne oder Wok, des Anbratens wegen. Nach einiger Zeit die Zwiebel dazugeben (vorher kleinschneiden!). Wenn das Geflügel nicht mehr roh ist, empfiehlt es sich, die geputzten Champignons (bloß nicht abwaschen, nur mit Küchenrolle abwischen!), die Creme Fraîche, den Schmelzkäse und den Brühwürfel (wer's nicht so würzig mag, sollte vielleicht nur ½ oder ¾ nehmen) ebenfalls in die Pfanne zu hauen, damit das arme Federvieh nicht so einsam ist. Kräftig durchrühren und Milch dazumischen, bis die Soße die gewünschte Konsistenz erreicht hat und der Brühwürfel sich aufgelöst hat. Dann mit Salz und Pfeffer abschmecken, je nach Geschmack auch mit anderen Gewürzen. Nochmal reichlich umrühren und über die gewählte Beilage, vorzugsweise Spaghetti, gießen. Fertig. Wer in diesem Rezept Kalorien findet, darf sie behalten und sich auf die Hüften legen.

Ach so, natürlich sollte man nicht auf die passende Schutzkleidung verzichten:

Und beim nächsten Mal verrate ich vielleicht sogar mein Bolognese-Rezept (welch Überraschung, wieder eine Nudelsoße!).

Es wünscht eine angenehme Zeit bis zum nächsten Eintrag

der Michi

Dienstag, 23. September 2008

Kultur, Kultur,...

...und nochmal Kultur. Wie sich das für fleißige Studenten gehört. Punkt 1 also: Wohnkultur. Was tun, wenn einem die studentische Wohngelegenheit nicht mehr zusagt? Genau, umziehen! Und wen fragt man, wenn sowas ansteht? Wieder richtig, den Michi! Natürlich kauft man in den Tagen vor dem Einzug erst mal reichlich ein, damit sich das Schleppen auch lohnt. Und nimmt die Blumen vom Nachbarn in Pflege, denn bekanntlich lassen sich große Pflanzen besonders einfach transportieren. Was braucht man? Klar, einen Transporter. Am besten schön geräumig, mit großer Ladefläche. Was liegt da näher, als einen riesigen Toyota Aygo zu mieten? Nach einigen Umbauarbeiten verfügte dieser moderne Klassiker des Lasttransports auch über genügend Ladefläche, um zumindest das Nötigste unterzubringen. Dank der unglaublich logischen, einfachen und geradlinigen Straßenführung in der Stockholmer Innenstadt und meines (an anderer Stelle bereits erwähnten) brillianten Orientierungssinnes (Didelidi – didelidi – didelidi*) war der Rest nahezu ein Kinderspiel.

Punkt 2: Studentische Existenzjubiläumsfestivitätskultur. Statt weiterer Worte soll ein Foto alles nötige zu diesem Thema sagen:

Punkt 3: Das Naturhistorische Reichsmuseum. Stockholm bietet ja bekanntlich eine Vielzahl von Museen. Eines der eindrucksvollsten Gebäude besitzt – neben dem Vasa-Museum - wohl das Naturhistoriska riksmuseum. Schwerpunkte dieses Museums sind - wie bei dem Namen zu erwarten – naturgeschichtliche Themen wie zum Beispiel die Geschichte der Menschheit, der Meeresbewohner, der Urzeittiere und so weiter. Weiterer wichtiger Bestandteil der Sammlungen dieses Museums sind Steine. Jede Menge davon. Nicht genug damit, dass das Gebäude aus eben solchen errichtet wurde, nein! Auch in den Ausstellungsräumen befinden sich welche, fein säuberlich in Vitrinen gepackt. Moment, sagte ich säuberlich? Bei diesem Exemplar ist ist sogar noch der Urzeitschimmel dran! Schweinerei:

Dafür gibt man sich betont umweltbewusst, einige Steine können sogar zur Beleuchtung eingesetzt werden. Und damit es nicht langweilig wird, sogar mit lustigem Muster:

Es gibt jedoch auch Dinge, die ich einem naturhistorischen Museum nicht zugetraut hätte. Sie haben meinen armen Kumpel Zedrik, das Zebra eingemauert! Entsetzlich:

Auch der Klimawandel hielt Einzug ins Museum. Naturkatastrophen können mittlerweile sogar schon innerhalb von Gebäuden entstehen! Hier der hauseigene Orkan:

Ebenfalls scheint sich ein anderer Aspekt der Kultur zu verändern. Sehen inzwischen die Toiletten in Deutschland auch schon so aus?

Zum Schluss möchte ich noch einmal auf meine Lieblingsrubrik eingehen, das schwedische Alltagsleben. Wo zum Teufel werden eigentlich die schwedischen U-Bahn-Fahrer ausgebildet? In einem Simulator, der nur aus einem Gaspedal, einer Bremse und einem Tür auf/zu-Knopf besteht? Wer es schafft, in einem bestimmten Zeitraum möglichst oft abwechselnd ruckartig Gas und Bremse zu betätigen, hat gewonnen und darf ab sofort Nonstop die Linie zu meinem Wohnheim befahren. Danke dafür!

So, liebe Freunde, das war es für heute. Legt euch warm weg, ich schnapp' mir jetzt meine Kamera und geh den Sonnenaufgang fotografieren.


Der Michi


* ”Oh, ein Ironiedetektor! Welch nützliches Gerät!”