Warum ich hier so abschweife und mich in Schwärmereien ergehe? Die Antwort lautet: Spontanurlaub. Aber der Reihe nach: Die Nacht von Donnerstag auf Freitag war auf Grund eines noch zu schreibenden Aufsatzes von wenig (de facto: gar keinem) Schlaf geprägt, der darauf folgende Morgen bescherte mir einen längeren Aufenthalt in der Uni, und als ich nach Hause kam, wollte ich nur noch 2 Dinge: Meine Pizza essen und schlafen. Der erste Punkt dieser simplen Auflistung meiner Bedürfnisse war schon fast abgehakt, als mein Telefon klingelte. Ich muss gestehen, für einen Moment darüber nachgedacht zu haben, einfach nicht dranzugehen und mir selbst und dem Anrufer vorzuspielen, ich würde schon schlafen. Aber ne, kann ich ja nicht machen. Zuerst also die Frage: ”Hey Michi, heute schon was vor?” Darauf ich: ”Öhm, ja, also außer schlafen (lange und viel) eigentlich noch nichts...” - ”Gut, was hältst du von Urlaub? Wir haben übers Wochenende ne Hütte im Wald am See gemietet, schön mit Plumpsklo und Sauna und so, aber jetzt ist einer krank geworden. Willst du mit?” Und da ich ja ein spontaner Mensch bin, sagte ich: ”Hey, das klingt gut, wann soll's denn losgehen?”. Tja, fast bereute ich meine Spontanität, als ich hörte, dass ich noch knapp 1 ½ Stunden Zeit hätte, meine Sachen zu packen und alles zu regeln. See you, Schlaf! Also schnell die Pizza aufgefuttert, einen traurigen Blick Richtung Bett geworfen, den Rucksack rausgekramt und dann nichts wie rein mit meinen Siebensachen in den Beutel!
Knapp anderthalb Stunden später ging sie dann los, die lustige Fahrt in den 150km nördlich gelegenen Nationalpark mit dem schönen, aber für Nichtschweden unaussprechlichen Namen Färnebofjärden. Oder sollte man besser Irrfahrt sagen? Denn unsere Hilfsmittel zum Erreichen dieses Ziels waren die folgenen: Ein gemieteter VW Transporter, 1 Kompass, 3 Karten, die sich vor allem dadurch auszeichneten, unser Zielgebiet NICHT zu enthalten, eine dürftige Map24-Wegbeschreibung zu einem völlig anderen Ort und die obskure Wegbeschreibung des Hütten-Vermieters. Das klingt nach Spaß, zumal es ab ca. 17 Uhr in Schweden stockdunkel ist. Also folgten wir auf unserer Odyssee der Beschreibung des Vermieters, wobei wir noch einen kurzen Zwischenstopp in der Nähe von Uppsala zwecks Proviantaufnahme einlegten. Bei diesem Einkauf wurde dann auch der Geschlechterkonflikt zwischen den 3 Männern und 4 Frauen unserer kleinen Expedition in die schwedische Wildnis deutlich. Spätestens dann, als wir drei Herren eine Palette Eier samt Speck zwecks morgendlichem Verzehr zum Einkaufswagen trugen. Ich erspare mir an dieser Stelle weitere Ausführungen zu geschlechtsspezifischem Ernährungsverhalten.
Dann ging es weiter gen Norden, und es wurde sowohl noch dunkler als auch noch waldiger. ”Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist...” - ”Baum!” - ”Mist.” Dass ich nicht gerade mit einem rühmenswerten Orientierungssinn ausgestattet bin, sollte ja hinlänglich bekannt sein. Leider schien es meinen Mitreisenden ähnlich zu gehen, denn plötzlich standen wir mitten im Wald und wussten nicht mehr weiter. Die präzise Beschreibung des Zielgebietes belief sich nämlich leider auf den Namen des Ferienortes und den Vornamen der Vermieterin. Nach einigem Umherirren im Dunkeln fiel uns plötzlich ein weißer Volvo auf, der uns scheinbar folgte.
Ok, wir sind alleine mitten im dunklen Wald, weit abseits jeglicher Zivilisation, und uns folgt jemand? Das kann eigentlich nur 2 Dinge bedeuten: 1. Verwirrte Psychopathen die uns auflauern. 2. Unsere Vermieter, die so nett waren, uns zu suchen. Oder beides. Na gut, es war jedenfalls hauptsächlich Nummer 2, und so kamen wir dann doch noch an unserer Ferienhütte an. Augenscheinlich war dies einer der gemütlichsten Plätze auf der Welt. Die etwas skurillen, aber durchaus freundlichen Vermieter hatten schon sämtliche Lichter angeschaltet und den Bollerofen angeheizt. Erst bei der Abreise jedoch offenbarte mir die Vermieterin, in welch historischen vier Wänden wir da gehaust haben. Hielt ich die Zahl 1912 an der Küchenwand noch für das Jahr der Erbauung, ist es in Wirklichkeit nur das Jahr, in dem die Hütte von der anderen Seite des Sees, an der sie da schon für ca. 200 Jahre gestanden hatte, an den aktuellen Standort verpflanzt wurde. Das war zumindest das, was ich aus dem Englisch-Schwedisch-Gemisch der guten Frau entnehmen zu können glaubte.
Ein paar Eindrücke dieses absolut wunderbaren Wochenendes findet ihr hier (<- klicken).
Auch ein tieferer Einblick in die schwedische Tierwelt war mir an diesem Wochenende gestattet. Allerdings leider einer der eher unangenehmen Sorte. Denn was auch immer mich da gestochen hat, muss ein besonders übles Exemplar der gemeinen Sumpfmücke gewesen sein, jedenfalls sorgte sie dafür, das meine Hand auf das Doppelte ihrer Größe anschwoll (Tendenz steigend) und ich mich bis einschließlich Montag zur Spezies der Einarmigen Banditen zählen durfte. Meine linke Hand war nämlich zu nix mehr zu gebrauchen (außer als Anschauungsmodell für die maximale Schwellfähigkeit der menschlichen Hand).
Die Unsitte, amerikanische Festlichkeiten zu übernehmen, ist leider auch an den Schweden nicht vorbeigegangen. So wird auch hier reichlich Halloween gefeiert. Und da der Michi an sich ja kein Spielverderber ist, hat er sich auch hieran beteiligt:
Zum Schluss abermals meine Lieblingsrubrik. Ja genau, das schwedische Alltagsleben. Passt auch ganz gut zu Halloween, bisweilen ist es hier nämlich wirklich gruselig. Ich frage mich manchmal, ob der Schwede an sich keinen Spiegel zuhause hat. Worauf ich eigentlich hinaus will? Darauf, dass ich ganz froh bin, nicht jedem Modetrend hinterherrennen zu müssen. Dieser sieht hier nämlich im Moment folgendermaßen aus:
Für ”Männer” (so man sie denn als solche erkennt): Das Gesicht ziert eine Brille, die erschreckende Ähnlichkeit mit dem Modell hat, dass auch in unseren Karnevals-Nasenbrillen verbaut ist. Aber die Schweden meinen das ernst!!! Auch die sonstige Gestaltung des Antlitzes ähnelt der Nasenbrille, die ja gewöhnlich mit Bart geliefert wird. Das in Schweden gerade aktuelle Modell der Gesichtsbehaarung ist ein (möglichst blonder) Oberlippenbart, von dem ich hoffte, dass er bereits in den frühern 80ern ausgestorben sei.
Den Kopf bedeckt dazu gerne eine Mütze in Farben, die nicht zum Rest der Kleidung passen, und die auch innerhalb von Gebäuden oder bei warmem Wetter nicht abgenommen wird.
In Sachen Beinkleid geht der Trend gerade zu engen Karottenhosen, die auch gerne mal zu kurz sein dürfen, dazu wahlweise hässliche Turn- oder Lederschuhe (gerne auch spitz zulaufend!) mit weißen Socken oder aber auch Stiefel, die fast bis zum Knie gehen (und in die natürlich die Hose reingestopft wird). Im schlimmsten Fall sieht das dann ungefähr so aus:
Was die Frauen hier so tragen, erzähle ich euch dann beim nächsten Mal. Auch das ist leider meistens nicht weniger gruselig.
Bis dahin wünsche ich noch ein angenehmes Wochenende
der Michi












